Momentan sehe ich beides nicht mehr richtig. Ganz viel grün, verschwommen, bis es "Bumm" macht und ich gegen einen Stamm gelaufen bin. Dann dreht sich alles und mir wird unglaublich schnell kotzübel. Übergeben kann ich mich dann leider nie. Stattdessen taumele ich weiter, vergesse den Zusammenprall bis zur nächsten Kollision. Das geht so den ganzen Tag bis mir nachts die undurchsichtige Situation bewusst wird und ich alles klar zu erkennen glaube. Panik ist ein Scheiß-Gefühl.
Auch das eine Phase, ich weiß. Und im Moment kommt das Taumeln primär von Überarbeitung - ein für mich per se zeitweiliges Problem. Auch das wird vorüber gehen. Muss vorüber gehen. Vergesse ich immer diesen Stress wenn ich länger nicht an einer Universität war? Ich vergesse eher diesen albernen Wettbewerb, an dem ich jedes Mal ganz freiwilig ganz vorn mit dabei bin. Der Stapel wächst jeden Tag, die Tage bis zur endgültigen Frist mag ich aus Angst nicht mehr zählen. "Das schaffe ich nicht" - der dümmste Satz, der mir aus der qualvollen Endzeit des Erststudiums in Erinnerung geblieben ist. Er hatte mich verlassen, um nun doch wieder nachts durch mein Hirn zu geistern. Dabei sollte das Nicht-Schaffen doch nicht mehr der Rede wert sein. Nichts wird sich ändern, wenn der Misserfolg eintritt.
Nur bestimmt nun gerade nichts anderes als Erfolg oder Misserfolg den Alltag hier. Ich möchte ja gar nicht mitrennen, aber all die Juristen und Betriebswirte und Statistiker und Verwaltungswissenschaftler in meinen Vorlesungen und Seminaren ziehen mich einfach hinterher. Man schleifft mich hinterher. Ich wehre mich auch nicht wirklich. All das hier kann nicht das Immer und erst recht nicht das Gut sein. Von Zufrieden und Glück gar keine Rede. Wahrscheinlich auch bei den anderen nicht. Auf das zweite Staatsexamen muss aber noch der Master in European Law in England gepackt werden. Um dann zur Promotion zu rennen. Zwischendurch jettet man nach Yale, um den Freund zu besuchen, den man zwei Mal pro Jahr sieht.
Ich möchte nicht mehr rennen. Ich möchte schlafen, ganz lange, ganz viel. Und ich möchte Crowd, auch lange und viel. Und das klingt sicher verdammt nach Bratze, wenn ich sage, dass ich in einem Monat in vier verschiedenen Ländern, in fünf Städten sein werde. Aber ich finde es doch primär zum Kotzen. Nicht, dass ich genau das studieren kann, was ich möchte, an der besten Uni im Fachgebiet. Auch der spannende neue Job umgeben von Spitzenforschern, Konferenz in Berlin und Barcelona - Danke Danke Danke. Noch mehr die vielen lieben Menschen verteilt auf einen ganzen Kontinent, beste Freunde, Familie.
Aber jetzt gerade, in diesen Tagen, da ist es einfach zu viel. Ich will nicht mehr. Ich bin müde, so müde. Ich will durchatmen und nicht planen. Berkeley, Shnghai, Prettoria, Delhi? Ist mir doch scheißegal. Habt ihr keine anderen Probleme?
Und: "Ich bin es leid." Gesagt zu bekommen, dass es eine Frechheit sei, dass der baden-württembergische Student, dessen Eltern doch so fleißig seien, Gebühren für sein Studium zahle, während man in Sachsen aufgrund des Länderfinanzausgleichs kostenlos studieren dürfe. Ich bin die süddeutsche Ignoranz leid, die nördlich von Würzburg nichts mehr kennt und nichts mehr sieht. Ich bin diese verwöhnten Jurastudentinnen mit ihrem BMW und den Marco-Polo-Blusen leid, die zwar wissen, dass es da noch eine andere Welt gibt, von dieser aber niemals etwas verstehen werden. Ich mag die Elite einfach nicht leiden. Und wäre in diesen Tagen doch am liebsten - nicht in Brüssel oder London - sondern auf Karsibor. Mit drei Menschen. In einem winzigen Auto. Mit Karamellbonbons und Schnaps. Ohne dieses eklige Wort Karriere.
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